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/ Rückblick: Festival 2007
"Weißgerber" 2007 - Gitarren von Richard Jacob
Gitarrenausstellung und Konzert in Berlin
Am 17. März 2007 fand in Berlin Friedrichshagen wieder eine Veranstaltung
mit "Weißgerber"-Gitarren statt. Nun schon zum 3. mal
waren im "Alten Ballsaal" Gitarren von Richard Jacob zu sehen
und zu hören.
Eine
Ausstellung mit Gitarren stand am Beginn des Abends. Viele Gäste
waren der Bitte des Veranstalters gefolgt und hatten ihre "Weißgerber"-Gitarren
mitgebracht (und das nicht nur aus Berlin, sondern auch aus Dresden, München,
Rostock, Stralsund, Augsburg, Leipzig und Bautzen). Auf diese Art und
Weise kam eine sehr beeindruckende Ausstellung mit 27 (!) Instrumenten
aus der Kunstwerkstätte "Weißgerber" zusammen. Zwischen
einer "Tielke Gitarre" von 1919 und einer Gitarre von 1960,
eines der letzten Instrumente die Richard Jacob überhaupt gebaut
hat, konnte man die erstaunliche Entwicklung des Gitarrenbauers Richard
Jacob, zumindest in groben Zügen - nachvollziehen. Die Vielfalt seines
Werkes scheint unerschöpflich und Christof Hanusch machte auf Besonderheiten
verschiedener Modelle aufmerksam, erläuterte Zusammenhänge und
gab so einen ausführlichen Einblick in das Werk Richard Jacobs.
Zwei Instrumente von Martin Jacob - Sohn und Nachfolger von Richard Jacob
- rundeten die Ausstellung ab. Martin Jacob wurde ausdrücklich als
hervorragender Handwerker gewürdigt. Dieser wurde nach dem Tode seines
Vaters oft verkannt und Opfer von diffamierenden Vorurteilen, nicht selten
ausgestreut von Konkurrenten um die Anerkennung und damit die wirtschaftliche
Vorrangstellung der Firma "Weißgerber" zu untergraben!
Thomas
Müller-Pering eröffnete sein Konzert auf "Weißgerber"-Gitarren
mit Sors Arrangements der "Six Airs aus der Oper ´Die Zauberflöte´"
von W. A. Mozart. Von den ersten Klängen an führte sich das
oft gehörte Vorurteil "Weißgerber Gitarren klingen schön,
sind aber nicht für einen Konzertsaal geeignet" ad absurdum.
Der voluminöse Klang der Gitarre von 1944/46 - einem Instrument aus
Ahorn mit Hohlkehlen an Decke und Boden - füllte den Raum bis in
den letzten Winkel mit grundtönigen Bässen und singendem, klaren
Diskant. Einen ähnlich beeindruckenden und raumfüllenden Ton
hatte der Autor dieses Berichtes vorher noch nie in diesem Saal von einer
Gitarre gehört! Eine andere bestechende Eigenschaft dieses Instrumentes
- für die es, bei dem Versuch sie zu beschreiben, ebenfalls nur Superlative
gibt - war die Fülle von orchestralen Klangmöglichkeiten! Thomas
Müller-Pering und die "Weißgerber"-Gitarre bildeten
eine symbiotische Einheit, wobei der Interpret die Möglichkeiten,
die das Instrument ihm bot in allen Belangen voll auslotete. Adäquat
zu der Aussage Beethovens "das Orchester sei eine große Gitarre",
wurde hier vorgeführt, daß diese Gitarre nichts anderes ist
als ein kleines Orchester!
Im Gegensatz zu modernen Gitarren - erläuterte Thomas Müller-Pering
nach dem Konzert - findet man bei alten Instrumenten oft einen größeren
Reichtum an Klangnuancen und Registern, die manchmal nur durch winzige
Veränderungen des Anschlages oder der Anschlagstelle abgerufen werden
können.
Thomas Müller-Perings Interpretation der 1. Bach Sonate (BWV 1001)
geriet zu einer musikalischen Demonstration; gleichsam mit analytischer
Klarheit - sowohl was die melodisch-polyphone als auch rhythmisch-metrischen
Phrasierung anging -, viel Gefühl und einer mühelosen Virtuosität
machte er das 4sätzige Stück zu einem großartigen Erlebnis.
Auch bei diesen Stücken (es sei an dieser Stelle erlaubt es nochmals
zu erwähnen), kamen die Stärken der Gitarre wiederum voll zu
Geltung; deutlich hörbar war die legendäre Trennschärfe
der "Weißgerber"-Gitarren. Über die rational zu benennenden
Qualitäten hinaus hatten die Töne, die Thomas Müller-Pering
dem Instrument entlockte, auch eine ungewöhnlich intensive emotionale
Wirkung.
Einen nicht minder zauberhaften Klang, wenn auch mit einem ganz anderen
Charakter, bot das 2. Instrument, daß Thomas Müller-Pering
an diesem Abend spielte. Ein "großes Konzert Solo"-Modell
von 1960, dem Todesjahr Richard Jacobs; eine der letzten "Weißgerber"-Gitarren
überhaupt! In diesem Modell, das Richard Jacob in seinen letzten
Lebensjahren entwickelte, floss die gesamte Erfahrung, die er in über
60 Berufsjahren gesammelt hatte, zusammen. Diese Gitarre - ebenfalls aus
Ahorn gebaut - hatte einen viel leichteren und silbrigeren Ton als das
zuvor gehörte Instrument, und eröffnete noch einmal eine ganz
andere Klangwelt. Obwohl der Klang dieser Gitarre mit seinem erstaunlichen
Obertonreichtum und seiner Trenngenauigkeit nicht unbedingt dem Klangideal
der typisch spanischen Gitarre entspricht, kamen die 4 "Piezas Characteristicas"
von Isaac Albéniz außergewöhnlich gut zur Geltung und
ließen durchaus - vielleicht auch eben darum - neue Nuancen entdecken.
Im zweiten Teil des Konzertes spielte Thomas Müller-Pering ausschließlich
original für die Gitarre komponierte Werke. Den Anfang machten 4
Stücke von Augustin Barrios Mangoré (Un sueno en la florista,
Preludio c-moll, Mazurka apassionata, Maxixe), darauf folgten "Junto
al Generalife" und "En tierras de Jerez" von Joaquin Rodrigos
und zum Schluß ein zweisätziges Stück des zeitgenössischen
Komponisten Konstantin Vassiliev ("Den Wolken nach…"). Letzteres
Werk von 2005 trug eine Widmung an den konzertierenden Künstler des
Abends und bildete den krönenden Abschluß eines Konzertes,
das technisch und musikalisch nicht anspruchsvoller hätte sein können.
Der Verdienst Thomas Müller-Perings war es - zusammen mit den beiden
ausgezeichneten "Weißgerber"-Instrumenten - die Stücke
zu einem außergewöhnlich lebendigem Konzertabend verschmolzen
zu haben. Dazu passend auch die Zugabe, ein kleines Andante von W.A. Mozart,
das den hochmusikalischen Abend vortrefflich abrundete.
Zukünftige Veranstaltungen mit "Weißgerber"-Gitarren
und weitere Informationen über Richard Jacob und "Weißgerber"
findet man im internet unter: www.richardjacob-weissgerber.de
C.J. Schwarzberger 20/04/2007
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